Der Klimawandel und der Wandel der Energieversorger

Headerbild Klimawandel Plakate

Während der Klimawandel in das Zentrum einer vehement geführten gesellschaftlichen Debatte gerückt ist, bleiben die bestehenden Anforderungen der unterschiedlichen Kundenzielgruppen an ihren Energieversorger oft noch unklar.


Gleichwohl der Energiemarkt und -handel die Marktteilnehmer innerhalb von historisch gewachsenen Rahmenbedingungen einer hohen Komplexität und wirtschaftlichem Druck aussetzt, ist die Energiewende und die aktuelle Agenda des Energiedreiecks eine politische Herkulesaufgabe.


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In der Zwischenzeit sortiert sich der Energiemarkt im großen Maßstab drastisch neu: Eon hat das Stammgeschäft mit fossilen Brennstoffen bereits in 2017 an Uniper delegiert. RWE hat mit der Abspaltung des alten Geschäftsmodells und Neugründung der innogy SE als Gesellschaft für Innovationen und das Geschäft mit der erneuerbaren Energie eingestanden, dass die Risiken der Energiewende, die einen breiten gesellschaftlichen Konsens aufweist, deutlich unterschätzt wurden.


Wie hängt die Energiewende mit der Generation Z zusammen? Der digitale Kunde 2.0


In Zeiten von “Fridays for Future”, den spezifischen Eigenheiten der Generation Z ( 1995 bis 2010 geborenen), welche in 2030 30% des Arbeitsmarktes ausmachen wird und denen somit eine hohe planerische Relevanz für Produktmanagement und Marketing beigemessen werden sollte, und im Nachglühen von Themen wie Hambacher Forst nur noch vorläufig einem Deutungskonflikt unterliegen.


Konkret: Spätestens die Generation Z erwartet weniger beispielhafte Aktionen, das sogenannte Greenwashing, wozu neben einem Öko Tarifen, Marketing trächtigen Kooperationen mit Klima- und Naturschutzorganisationen und wenig aussagekräftigen Zertifizierungen gehören. So gut diese auch inszeniert sein mögen, diese werden schon bald der Vergangenheit angehören.


Heute ist ein dauerhaftes und deutliches Bekenntnis zu Klimazielen gefragt. Act local bedeutet, dass Strom nachvollziehbar nachhaltig gehandelt und regional erzeugt wird. Die Unterstützung der Konsumenten, die mit einer Photovoltaik Anlage auf dem Dach des Eigenheim als dezentrale Energieversorger agieren und somit zu Prosumenten werden, steht bei den wenigsten auf der Digitalen Agenda.


Auch im Mietverhältnis könnten Kunden dezentral Strom produzieren. Entsprechende Modelle für Mieterstrom existieren bereits, werden jedoch durch Versorger nur halbherzig vorangetrieben, wozu auch die Politik in der Vergangenheit durch unzureichenden Gestaltungswillen beigetragen hat. Gleiches gilt für eine Micro PV-Anlage auf dem eigenen Balkon, was in der Vergangenheit aus rechtlichen Gründen kaum als Plug & Play angeboten werden konnte.


Was weiß das klassische Stadtwerk über seine Kunden?


Ist die Marketing zentrierte Argumentationskette “regional” oder “wir waren schon immer da” noch ausreichend? Wieviel wissen die Versorger über das Kommunikationsverhalten, die Bedürfnisse und Customer Journeys ihrer Zielgruppen?


Viele Big Data - und Kampagnen Anbieter sind im Umfeld von Energieunternehmen tätig. Sogar externe Performance Agenturen und öffentliche Netzwerke wie Google und Facebook wissen teils mehr über energierelevante Aspekte von Kundenanforderungen als die Versorger selbst.


Preisvergleichsplattformen wie Verivox und Check24 nutzen diese Disaggregation von Daten und Erkenntnissen für ganz eigene Geschäftsmodelle, obwohl der tatsächliche Datenschatz und das Energie Know how bei den Versorgern zweifellos vorhanden sein müsste.


Immerhin: Eine spannende Entwicklung ist, dass immer mehr Energieversorger eine Digitalisierungsstrategie entwickelt haben. In 2017 gaben lediglich 33% der Befragten Energieversorgungsunternehmen an, sich aktiv mit Projekten dem sehr weit gespannten Aufgabenspektrum rund um Digitalisierung auseinandersetzen zu wollen, wohingegen sich 2019 bereits 77 % der Stadtwerke für diese strategische Ausrichtung ausgesprochen haben.


Der digitale Kunde 2.0 ist kompetent.


Der Zukunftskunde ist kompetent, sowohl in der Nutzung von digitalen Plattformen und Prozessen, als auch in der Lebensführung. Diese Gruppe der Gen Z und auch die sich schnell anpassenden Zielgruppen der über 30- oder 40-jährigen wünschen sich mittlerweile einen zeitgemäßen Zugang zum Energiemanagement, so wie es bei führenden digitalen Anbietern gelebtes Credo ist: das “Amazon / Google der Energiewirtschaft”


Dazu gehören intuitiv bedienbare einfache Social Logins, ständige Erreichbarkeit für den Kunden über die aktuellen Kommunikationskanäle, die passenden Informationen und Lösungen für die aktuelle Entscheidungsphase, schließlich müssen Infos und Angebote für die jeweilige Lebenssituation passen.


Auf der diesjährigen Fachmesse für digitales Marketing DMEXCO war die Hyperpersonalisierung, also die Bereitstellung des passenden Content zum richtigen Zeitpunkt, ein zentrales Thema. Die Aufgabenstellung wurde bereits in 2015 erkannt und erreicht die Energiebranche nun mit großer Verzögerung.


Welche Kommunikationskanäle werden heute bedient?


Kunden kommunizieren über immer neue Kanäle und erwarten, dass Anbieter diese Kanäle auch abdecken. Die digitalen Sprachassistenten z. B. decken mehrere Zielgruppen gleichzeitig ab. Erstens bieten diese ganz neue Möglichkeiten einen barrierefreien Zugang zu Services. Dies sollte nicht nur Health Services vorbehalten sein, sondern auch für Energie gelten. Zweitens gelten heute Assistenten (Siri, Alexa, Google und Co) als voll etablierte Kanäle.


Während der Gebrauch von SMS sich Anfang der 2000er Jahre rasant etabliert hat, gelten heute Messenger als der direkteste Kommunikationsweg. Das heißt, dass die alte Prophezeiung des Menschen, der “always on” ist, sich längst durchgesetzt hat.


Die Generation Z ist mit Google, Siri, Alexa, Messenger-Diensten wie Whatsapp und Social Plattformen wie Instagram, aufgewachsen und nutzt intuitiv alle Möglichkeiten dieser Kanäle. Es gibt zwar keine aktuellen Studien über die Angebote von Sprachassistenten und anderen zeitgemäßen Kanälen im Energieumfeld, jedoch stoßen wir bei EVUs auf ein immer größer werdendes Interesse.


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Eine immer größere Anzahl der potenziellen Zielgruppe der Versorger nutzen Sprachassistenten mobil und stationär, wobei die Tendenz über Informationsanfragen hinaus zu aktiven Services geht, wie beispielsweise Abschlags- und Tarifänderungen.


Welche Services werden heute geboten?


Die wenigsten Teilnehmer nutzen bereits technische Ansätze unter dem Sammelbegriff Künstliche Intelligenz (KI) oder Artificial Intelligence (AI) bereits in der Einsatzplanung oder im Kundenservice; davon bereits knapp die Hälfte mit messbaren Erfolgen.


Die Digital Map der Energieversorger hat in den letzten Jahren zwar Online-Bestell Strecken für Strom und Gas oder auch Kundenportale hervorgebracht Diese dienen in erster Linie jedoch der Kostenreduktion beim Anbieter und folgte weniger einem kundenzentrierten Ansatz zum Vorteil desselben.


Wünschenswert aus Sicht der Kunden sind Kundenportale als zentrale Drehscheibe auf der alle Services digital verfügbar gemacht werden. Eine 1:1 Analyse durch einfaches Benchmarking und Nutzerkorrellationen erfolgt: Welche Tarife und Technologien passen am besten zur Lebenssituation? Gleichzeitig nutzt der Versorger seine einzigartige Marktstellung, denn hier laufen alle energierelevanten Fäden zusammen.


Kostenreduzierung ist zu kurz gedacht - wo bleibt der Kundenvorteil?


Digitale Service- und Vertriebsstrukturen sollten flexibel auf den demografischen Wandel eingehen können und den damit verbundenen Kundenbedürfnissen gerecht werden.


Seit Jahren gibt es nun die Diskussion über Energiedienstleistungen (EDL), Plattformen und neue Rollen am Markt. Die dezentrale Energierevolution machte aus Konsumenten bereits Prosumenten, nur scheint dies bei den Versorgern noch nicht angekommen zu sein.


Wenn Energieversorger sich endgültigen vom alten Rollenbild emanzipieren und die neuen, sich öffnenden Nischen erfolgreich nutzen wollen, ist ein weiteres Umdenken notwendig. Warum nicht einfach bereits absehbar dominante Kundenkontakt-Kanäle bedienen und Daten zum Vorteil der Kunden intelligent aggregieren. Diese sind Grundlagen für den Aufbau von Bundling-, E-Mobility-Services und auch Smart- oder City Grids.


Wie geht es in 2030 weiter?


Ausgehend von einer besseren Kundenerfahrung lassen sich mit Einzelmodulen Service, Marketing und Vertrieb sukzessive weiterentwickeln. Die Zukunft des Erfolgs der EVUs liegt in genau dieser progressiven Weiterentwicklung unter Berücksichtigung der zukünftigen Zielgruppen. Die Trends, nicht nur die des Energiemarkts, sondern der Gesellschaft werden in den nächsten Jahren von der Generation Alpha (2010 - 2025) vorangetrieben.


In 2020 eröffnen sich weitere Gelegenheiten mit konkreten Service- und Absatzchancen: z. B. wird die Smart Meter Technologie für den typischen Stromverbrauch einer Familie mit < 6.000 kwH / p.a. ermöglicht, auch zeichnet sich ein deutlicher Trend beim wettbewerblichen Messstellenbetrieb ab (von 32 Prozent 2017 Abdeckung auf 40 Prozent 2018).


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Veränderte gesetzliche Regelungen und politische Ziele, neue und flexiblere Marktrollen und neue Technologien stressen die Flexibilität und von Stadtwerken und diese sind gut beraten, bei den Zielgruppen umzuschauen, mit denen heute noch gefremdelt wird. Dies lag in der Vergangenheit möglicherweise mit der Altersstruktur und der hierarchischen Arbeitsweise zusammen.


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